ME Geithain RL 900
Musikelectronic Geithain Regielautsprecher RL900 – Reparatur und Test
Der Studio-Abhörmotitor RL 900 oder auch Regielautsprecher RL900, ist wohl die beste, jemals in der DDR gebaute Lautsprecherbox. Er fand in allen Rundfunk- und Fernsehstudios, diversen hochgradigen Tonstudios und vielen Konzert- und Opernhäusern sein zu Hause.
Entwickelt um 1984 von Joachim Kiesler, im kleinen sächsischen Städtchen Geithain – unweit von Leipzig.
Als legendär gilt der Blindtest der ARD 1989, in welchem genau diese Boxen aus der damaligen DDR bewiesen, nicht alles aus dem Osten ist Mist 😉
Sehr selten kommen solche großen Klassiker der professionellen Tontechnik zu uns.
Hier müssen nur die Schaumstoffsicken (Lautsprecherrandaufhängung nennt sie Herr Kiesler gern) der Mitteltöner erneuert werden. Sie sind – wie üblich – nach einigen Jahren zerbröselt.
Die Tieftöner wurden bereits vor einigen Jahren bei ME Geithain mit einem Recone-Kit (Membrane+Sicke+Zentrierspinne+Schwingspule) überholt, die Ausgangspegel gemessen und die Pegel der drei Endstufen entsprechend eingestellt. Bei dieser Aktion wurden auch die Membranen der Mitteltöner beschichtet.
Technische Daten
Eine RL900 wiegt exakt 61,3kg. Wir haben sie extra auf die Waage gestellt. Die Gehäusemaße sind: 84cm hoch (+2cm Holzfüße), 61,5cm breit und 45cm tief. Auch wenn im Internet oft ganz andere Angaben zum Gewicht und den Maßen zu finden sind – wir haben gewogen und gemessen.
Dieses Paar ME Geithain RL900 wurde laut vorhandenem Frequenzschrieb am 16.12.1986 gefertigt. Den Gehäusen sieht man das Alter von über 30 Jahren kaum an, den Sicken der Mitteltöner schon, sie sind kaum noch vorhanden.
Selbst mit den defekten Mitteltonsicken klingen diese alten Studiomonitore noch ganz fantastisch.
Gut zu sehen, der 6-polige Flanschstecker NS87 vom VEB Mikrofontechnik Gefell. Die Belegung ist symmetrisch ausgeführt. Die RL900 können also über ein Adapterkabel mit Gefell NS84-Kupplungssteckdose und XLR-Stecker mit moderner Technik symmetrisch und dadurch störungsarm verbunden werden.
Hier wurde also nichts verbastelt und einfach eine XLR-Buchse verbaut.
Hier sieht man die mächtigen Magneten der von vorn so klein wirkenden Hoch- und Mitteltöner.
Beide sind übrigens NICHT mit dem Hochtöner L7101 aus zum Beispiel der BR25 oder dem Tief/Mitteltöner L7102 aus der BR25 o.ä. identisch. Lediglich die Gewebekalotte und der Trichter des Hochtonlautsprechers haben starke Ähnlichkeit.
Bis auf die Staubschutzkappe des Mitteltöners gibt es auch keine baugleichen Teile zu den mit nur 25 Watt belastbaren L7102/L7113/L7114. Die Mitteltöner sind auch um einiges kleiner als die L7102 – die Sicken der L7102 passen hier überhaupt nicht.
Die Mitteltöner haben bereits neue weiche Schaumstoffsicken bekommen und wurden am PC-Messplatz gemessen. Man kann die (bei der letzten Revision bei ME Geithain) beschichteten Pappmembranen der originalen Mitteltöner schön sehen.
Für gut erhaltene Paare, muss man um Euro 2500,- bis 4000,- aufwenden.
Auch heute noch, bietet der Hersteller ME Geithain die Revision dieser Boxen in Geithain an. Wenn man dort nach dem Preis fragt, sollte man lieber sitzen, es haut einen sonst um.
Update 10.02.21:
Leider liefen diese RL 900 nur einige Stunden fehlerfrei.
Nach einer ganzen Weile fing die linke Box an, leicht zu verzerren. Nach dem Ausschalten lief alles wieder für einige Minuten perfekt. Das deutet für gewöhnlich auf einen temperaturabhängigen Fehler in einem Halbleiter (Transistor oder OPV) hin.
Alle Platinen wurden gezogen (entfernt) und überprüft. Alle Feinsicherungen – 9 Stück pro Box – zeigten deutliche Korrosion. Da alles so Original wie möglich bleiben soll, wurden alle Feinsicherungen (in beiden Boxen) geputzt und überprüft. In diesem Atemzug wurden die Alterungserscheinungen der Sicherungsträger behoben – alles schien in Ordnung.
Nur lief das Hochtonverstärkermodul der linken Box nach wenigen Minuten wieder nur noch mit Verzerrungen. Jetzt wurden die Platinen der Boxen getauscht und der Fehler auf die linke Hochtonplatine eingegrenzt.
Eine der beiden Sicherungen funktionierte zwar beim Messen bei ausgebauter Platine, aber nicht wenn die Hochtonplatine gesteckt war und unter Spannung stand. Die unzuverlässige 4A flink Feinsicherung wurde ersetzt. Nun läuft auch der Hochtonzweig wieder sauber.
Den erneuten Dauertest haben die beiden RL900 mit Bravour bestanden.
Die Relais auf der Einschaltverzögerungsplatine wurden bereits einmal (wohl bei der letzten Revision bei ME Geithain) durch moderne Siemens-Relais ersetzt. Da die neuen Relais ein anderes Pin-Layout aufweisen, wurde damals eine speziell gefertigte Adapter-Platine zwischen die neuen Relais und alte Platine gesetzt – sehr aufwändig und professionell.
ältere bisher unrevidierte RL900 Chassis
Hier wurden die Sicken der beiden Tieftöner und der beiden Mitteltöner mit neuen Sicken bestückt. Laut Kundenwunsch, sollten die Membranen so bleiben wie sie sind – ohne Beschichtung. So sieht man ihnen das Alter richtig an.
Auch diese ME Geithain RL900 spielen nun wieder sehr gut auf.